Kürzlich sagte mir jemand im Seminar: „Ich bin dabei, mehr Verantwortung zu übernehmen für eine größere Zahl von Menschen." Ich war überrascht. Wie macht man das, Verantwortung für andere zu übernehmen? Und dann fügte sie noch fast entschuldigend hinzu: „Und auch für meine Eltern muss ich mehr Verantwortung übernehmen, sie werden älter ...“
Das alles klingt ja zunächst nach wirklich edler Absicht. Und bestimmt hat die Teilnehmerin es auch so gemeint.
Aber das Wort Verantwortung hat es in sich. Es liegt nämlich auf einer Ebene mit Worten wie verführen, verraten, vergewaltigen. Wenn ich so Verantwortung übernehme, übernehme ich das Antworten für andere. Das ist eine schwere Last und eine meistens unmöglich zu lösende Aufgabe. Und trotzdem gilt so eine Haltung als völlig normal und sogar ethisch geboten in unserer Kultur, nämlich Verantwortung für andere zu übernehmen. Was gut gemeint ist, führt allerdings zu einer ziemlichen Verdrehung. Denn Verantwortung für jemanden zu übernehmen, führt rasch zu einer Form der Entmündigung. Verantwortung kannst du nämlich immer nur für dich selbst übernehmen. Und das macht auch Sinn. Denn mit dieser Entscheidung bist du 100 Prozent zuständig für dich selbst.
Also, meine dringende Empfehlung: Vermeide das Wort Verantwortung – so wie der Teufel das Weihwasser. Und das hat nichts mit ‚unsozial‘ zu tun, im Gegenteil. Du gibst damit deinen Mitmenschen das Recht und die Chance, ihre eigenen Antworten zu finden. Und du bist wieder frei, sie dabei zu unterstützen, ihnen zu helfen, sie zu ‚enablen‘ ...
Als ich meiner Gesprächspartnerin im Seminar das so erläuterte, sah sie mich an mit einem Blick zwischen Skepsis und Panik. Sie hatte sich doch so auf die Übernahme von mehr Verantwortung gefreut ... Tut mir leid, Suzanne, wenn ich mich für dich verantwortlich fühlte, dann würde ich dich jetzt vielleicht trösten wollen. Aber damit würde ich dich nur belügen. Also lassen wir das besser.
Die Basisübung von healing formula kann helfen, deine eigene Souveränität wiederzugewinnen. Weil du dich mit dieser Übung innerlich stabilisierst - und dadurch besser erkennen kannst, was dir und deiner Umgebung wirklich gut tut, dann bist du wieder ein Stück mehr befreit von den eigenen inneren Manipulationen.
Gassho
Paul
Kommentare
Lisa
Die Frage, die ich mir stelle ist: Wie reagiert man dann auf einen Menschen, der dir so etwas sagt? “Danke für die Teilhabe an deinen Gedanken, wir hören uns, ciao”? Man will ja auch irgendwie kommunizieren mit anderen Menschen und sich verbinden, aber so ist es doch nicht leicht oder? Also nur zum Verständnis, ich bin auch der Meinung, dass jeder in erster Linie sich selbst helfen darf und muss. Wollte diese Frau nur die Bestätigung für ihre Rechtfertigung, dass sie etwas gutes tut, es aber vielleicht nicht wirklich fühlt und sie dabei zu unterstützen wäre wie sie noch ein zwei weitere Treppenstufen zu ihrer eigenen Hölle zu begleiten? Hat eine Frage ihrer Seite gefehlt, was Sie davon halten und dann hätten sie sich “einmischen” können?